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Verlauf der Rehabilitation

Es kann schwierig sein zu ermitteln, wie stark wir unsere Patient:innen während der Rehabilitation belasten können. Nach der Verletzung ist es unmöglich Maximalkrafttests durchzuführen, um beispielsweise das Einwiederholungsmaximum (1RM) im Back Squat oder im Deadlift zu bestimmen. Und auch die gemeinsame Therapiezeit ist immer nur ein kleiner Ausschnitt der gesamten Trainingswoche. Dabei haben wir es schon häufig erlebt, dass die einzelnen Einheiten unterschiedlich anstrengend wahrgenommen wurden. Das ist auch absolut in Ordnung, gerade in einem Wundheilungsprozess. Aber wie können wir die Progression der Rehabilitation objektiv bewerten und nachverfolgen?

Die Tagesform ist entscheidend

Der Verlauf der Rehabilitation ist meistens nicht linear, sondern eher wellenförmig ansteigend. Ist das eine Frage der Motivation? Ja und nein. Darauf gibt es keine definitive Antwort, weil zu viele Faktoren eine Rolle spielen: Art der Verletzung, individuelle Probleme oder andere Stoffwechselsituationen und damit unterschiedliche Wundheilungszeiten. Damit ist gerade in einer Rehabilitationsphase die Tagesform sehr entscheidend, und diese sollten wir während den Einheiten in der Praxis unbedingt beachten.

Da wir in den meisten Fällen das 1RM nicht mehr testen können, um dann die Methode von Trainingsprozentsätzen umzusetzen, müssen wir auf andere Maßnahmen zurückgreifen. Sich ständig auf den Schmerz zu fokussieren oder als Therapeut:in danach zu fragen, ist kontraproduktiv für die mentale Einstellung unserer Patient:innen. Außerdem muss das Problem gar nicht der Schmerz an sich sein, sondern kann sich auch in der Steifigkeit oder Instabilität der verletzten Körperregion ausdrücken.

Sicherlich ist es sinnvoll und auch die konkrete Zielstellung, dass wir während der akuten Wundheilungsphase schmerzadaptiert belasten. Aber sobald sich unsere Patient:innen in den fortschreitenden Phasen der Rehabilitation befinden und immer mehr belasten können, brauchen wir andere Methoden, um die Belastung während des Trainings messbar zu machen.

„Rate of Percieved Exertion“ (RPE) und „Reps in Reserve“ (RiR)

Dabei kommen aus meiner Sicht zwei Skalen in Frage. Mit der RPE-Skala beurteilen wir den subjektiv wahrgenommenen Grad der Anstrengung während der einzelnen Trainingssätze oder nach einer gesamten Trainingseinheit. Die RPE-Skala geht ursprünglich aus der Borg-Skala hervor, die wir hauptsächlich aus dem Ausdauersport kennen und wurde für den Kraftsport angepasst. Der Grad der Anstrengung wird zwischen den Werten 1 (sehr gering) und 10 (maximale Anstrengung) angegeben.

Bei der RiR-Skala, ist die Frage eher nach den Wiederholungen, die man nach dem abgeschlossenen Trainingssatz noch geschafft hätte. Wie viele Wiederholungen sind noch in Reserve? Die Werte liegen dabei zwischen 10+ (entspricht in etwa RPE 1) und 0 (also dem 1RM und damit RPE10). Auch die RiR-Skala lässt sich von der Borg-Skala ableiten.

Die Kombination der beiden Skalen, kann einen sehr guten Eindruck über den subjektiven Grad der Anstrengung geben. Es ist ein Ausdruck der Intensität der Einheit und kann von unseren Patient:innen autoregulativ angepasst werden. Damit sind Faktoren wie Schlaf, Ernährung, Regeneration oder Stress, in der Trainingsplanung berücksichtigt. Gerade bei unerfahrenen Patient:innen mit einem noch sehr jungen Trainingsalter, kann diese Einschätzung oft noch schwerfallen. Hier sollten wir als Trainer:innen unterstützen und die Vorgehensweise nach und nach in das Training mit einplanen.

Wie intensiv können wir belasten?

Was wir in den frühen Phasen der Wundheilung vermeiden müssen, sind Trainingsreize bis zum Muskelversagen. Da das Gewebe hier meistens noch nicht robust genug ist, um solchen Belastungen standzuhalten, ist der beste Parameter der Belastungsschmerz. Dieser darf während der Übung auftreten und sollte unmittelbar danach vollständig weg sein.

In der zweiten und dritten Phase der Rehabilitation, brauchen wir funktionelle Reize, die das Gewebe wieder an die strukturelle Belastung gewöhnen. Nur mit diesen Informationsreizen über die Funktion des Gewebes, können sich Fasern entsprechend ausrichten und sich untereinander organisieren. Eine Überlastung kann im dümmsten Fall zu einer erneuten Gewebeschädigung und damit zum Funktionsverlust führen.

Deswegen sollten wir in der Rehabilitation mit der Zielvorgabe RPE 6 – 8 trainieren. Mit dieser Intensität wirken wir positiv auf den Schlaf und die Regenration. Und die Belastung ist optimal, um funktionelle Reize zu setzen. Klar kann durch das Training die Schmerzwahrnehmung kurzzeitig erhöht sein, aber das dann der Anstrengung im Training geschuldet. Wir wollen ja, dass sich etwas verändert. Wir nennen sowas gerne „Gewebekater“

Monitoring in der Rehabilitation

Die RPE-Skala und die RiR-Skala sind wertvolle Assessments in der Rehabilitation, um den Verlauf und die Progression zu überwachen. Die Intensität des Trainings kann tagesformabhängig autoregulativ angepasst werden, um eine Überlastung des Heilungsprozesses zu vermeiden. Dennoch sind beide Skalen immer nur eine subjektive Wahrnehmung und müssen gerade bei unerfahrenen Patient:innen gut kommuniziert werden.

Es bleibt die Frage die Frage nach sinnvollen Baseline Tests, die wir mit unseren Profisportler:innen durchführen, um im Fall einer Verletzung, auf realistische Daten zurückgreifen zu können. Das werden wir uns bei einem der nächsten Artikel anschauen. Also bleibt gespannt. Dann steht dem Return-To-Sport auch nichts mehr im Weg!

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